Kovarianzformel (Wurzelformel)

Die Kovarianzformel wird unter Solvency II zur rechnerischen Aggregation einzelner SCR zu einem Gesamt-SCR verwendet. Sie beruht wesentlich auf statistischen Eigenschaften der multivariaten Normalverteilung.

Statistische Grundlagen

Besitzen zwei Risiken X und Y eine gemeinsame bivariate Normalverteilung, so ist das Summenrisiko S = X + Y ebenfalls normalverteilt. Für die resultierende Varianz ergibt sich

Var(S) = Var(X) + Var(Y) + 2 · Kov(X,Y),

wobei Kov(X,Y) die Kovarianz zwischen X und Y bezeichnet. Mit Hilfe der Korrelation ρ ∈ [-1,1] zwischen X und Y lässt sich die Kovarianz einfacher darstellen als

Kov(X,Y) = ρ · √Var(X) · √Var(Y).

Dies hat insbesondere Konsequenzen für die Berechnung der Eigenkapitalanforderung SCRα(S) zum Risikoniveau α für das Summenrisiko S, denn dieses ist direkt proportional zur Streuung Var(S), mit

Formel

Diese Beziehung ist auch der Grund für die alternative Namensgebung „Wurzelformel“.

Für mehr als zwei gemeinsam normalverteilte Risiken gilt die Formel entsprechend.

Wenn die Korrelation ρ strikt kleiner als 1 ausfällt, ergibt sich

Formel

so dass in diesem Fall ein Diversifikationseffekt auftritt (das benötigte Eigenkapital ist geringer als die Summe der einzeln berechneten Eigenkapitalien). Dies ist insbesondere der Fall bei einer Korrelation von Null; in diesem Fall sind die Risiken X und Y sogar stochastisch unabhängig. (Diese Schlussweise gilt allerdings in der Regel nur bei gemeinsamer Normalverteilung.)

Anwendungen unter Solvency II

Die Kovarianzformel wird an verschiedenen Stellen zur Aggregation unterschiedlicher SCR zu einem Gesamt-SCR unter Berücksichtigung potenzieller Diversifikationseffekte verwendet. Dabei werden in der Regel Korrelationen zwischen den verschiedenen Risiken von EIOPA vorgegeben, z.B. beim Prämien- und Reserverisiko Non-Life zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern oder auch beim Marktrisiko

Problematisch ist hierbei die unkritische Anwendung der Kovarianzformel auch auf Risiken, die typischerweise nicht normalverteilt sind, wodurch das für Solvency II postulierte Sicherheitsniveau von 99,5 % strenggenommen nicht genau getroffen wird. Es können Abweichungen nach oben sowie nach unten eintreten, wobei nur der letztere Fall problematisch ist. Eine praktikable Alternative für einen Standardansatz ist allerdings aus mathematischen Gründen kaum denkbar.