Die Organisationsstruktur

Eine angemessene Geschäftsorganisation benötigt auch eine angemessene und transparente Organisationsstruktur, deren Ziel es ist, eine wirksame Zusammenarbeit, interne Berichterstattung und Weitergabe von Informationen auf allen relevanten Ebenen des Unternehmens zu gewährleisten.

Geschäftsorganisation

Versicherungsunternehmen müssen nach § 23 Abs. 1 S. 1 VAG über eine wirksame und ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen. Diese Geschäftsorganisation soll für eine solide und umsichtige Leitung des Unternehmens sorgen und sicherstellen, dass die relevanten Gesetze, Verordnungen und aufsichtsbehördlichen Anforderungen eingehalten werden (§ 23 Abs. 1 S. 2 VAG; siehe auch DVO, S. 14). Aufsichtsrechtlich werden die Begriffe Geschäftsorganisation und Governance-System synonym verwendet (Vgl. MaGo, Rn. 5).

Eine wirksame und ordnungsgemäße Geschäftsorganisation beinhaltet aufsichtsrechtlich u. a.:

Gesetzliche Grundlagen

Die Anforderungen an die Organisationsstruktur werden im Wesentlichen in folgenden gesetzlichen und rechtlichen Vorschriften beschrieben:

Solvency-II-Richtlinie Artikel 41 Abs. 1
VAG § 23 Abs. 1
Delegierten Verordnung Artikel 258 Abs. 1
EIOPA-Leitlinien zum Governance-System Leitlinie 2
Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation (MaGo) Rn. 26 ff.

Organisationsstruktur

Eine entscheidende Anforderung an die Geschäftsorganisation nach § 26 Abs. 1 S. 3 VAG ist eine angemessene und transparente Organisationsstruktur. Deren Ziel ist es,

  • eine wirksame Zusammenarbeit,
  • interne Berichterstattung und
  • Weitergabe von Informationen

auf allen relevanten Ebenen des Unternehmens zu gewährleisten.

Diese Zielsetzung verlangt eine Organisationsstruktur, die

  • transparent ist und
  • Berichtslinien klar definiert,
  • wirksame Entscheidungsprozesse ermöglicht sowie
  • eine eindeutige Zuweisung von Zuständigkeiten vorgibt

(Vgl. Artikel 258 Nr. 1 (a) u. (b) DVO).

Die Organisationsstruktur wird über die Aufbau- und Ablauforganisation konkretisiert. Diese ist so zu gestalten, dass sie die strategischen Ziele und die Geschäftstätigkeit des Unternehmens unterstützt. Im Bedarfsfall sollte die Organisation an Änderungen bei den strategischen Zielen, der Geschäftstätigkeit oder dem Geschäftsumfeld des Unternehmens angepasst werden können (Vgl. Leitlinien Governance, Rn. 1.26). Bei der konkreten Ausgestaltung ist das Proportionalitätsprinzip zu beachten.

Zusätzlich zu der Aufbau- und Ablauforganisation im allgemeinen Geschäftsablauf in einem funktionierenden Unternehmen hat der Vorstand sich auch auf die Möglichkeit von Krisensituationen theoretisch vorzubereiten. Dazu sind nach § 23 Abs. 4 VAG ein flexibles Krisenmanagement zu konzipieren und krisenspezifische Notfallpläne zu entwickeln (krisenspezifische Aufbau- und Ablauforganisation).

Gem. § 23 Abs. 5 VAG sind die aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen sowie das interne Kontrollsystem für Dritte nachvollziehbar zu dokumentieren. Die Dokumentationen (der Vorgängerversionen) sind mindestens sechs Jahre aufzubewahren. Die Dokumente zur Aufbau- und Ablauforganisation sind zu pflegen und stets auf aktuellem Stand vorzuhalten (Vgl. MaGo, Rn. 38; Leitlinien Governance, Rn. 1.27).

Aufbauorganisation

Die Aufbauorganisation beschreibt die Organisation der Funktionstrennung; d. h. die Definition und Abgrenzung von Aufgaben bzw. Verantwortlichkeiten (Vgl. Rohlfs 2018, S. 68).

Eine angemessene und transparente Organisationsstruktur verlangt nach § 26 Abs. 1 S. 3 VAG eine klare Zuweisung bzw. eine angemessenen Trennung der Zuständigkeiten auf allen Ebenen.

Betrachtet man die Geschäftstätigkeit als das unternehmerische Eingehen von Risiken, bedeutet dies, dass der Aufbau von Risiken und deren Überwachung bzw. Kontrolle in einer dem Risikoprofil angemessenen Weise zu trennen ist. Im Rahmen der Aufbauorganisation ist somit eindeutig zu regeln, wer eine Entscheidung trifft oder eine Aufgabe durchführt und wer dies dann kontrolliert.

Eine reibungslose Aufbauorganisation verlangt auch, dass für die Aufgaben und Verantwortlichkeiten Vertretungsregelungen klar festgelegt werden (Vgl. MaGo, Rn. 28).

Ablauforganisation

Die Ablauforganisation beschreibt die Organisation der Arbeitsabläufe; d. h. Prozesse und Schnittstellen sind angemessen zu steuern und zu überwachen (Vgl. Rohlfs 2018, S. 70).

Alle aus Unternehmenssicht relevanten Prozesse werden dazu unter Risikogesichtspunkten beurteilt (Vgl. MaGo, Rn. 31).

Eine angemessene Steuerung und Überwachung der identifizierten, risikobehafteten Prozesse hat folgende Aspekte zu berücksichtigen (Vgl. MaGo, Rn. 32):

  • Festlegung der einzelnen Prozessschritte,
  • Bestimmen der prozessspezifischen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten,
  • Festlegung der notwendigen Kontrollaktivitäten i. S. d. IKS,
  • Definieren von Eskalationsschritten,
  • Definieren von Informationsflüssen und Berichtslinien.

Deshalb müssen alle Mitarbeiter die sie betreffenden Arbeitsabläufe und Kontrollen verstehen und erkennen können, damit sie ihre Aufgaben im jeweiligen Geschäftsprozess auch ordnungsgemäß erfüllen können (Vgl. MaGo, Rn. 36).