Risikomindernde Wirkung der zukünftigen Überschussbeteiligung

Die zukünftige Überschussbeteiligung kann einen wichtigen Einfluss auf das Risikokapital eines Versicherungsunternehmens haben. Sie ist der Höhe nach nicht garantiert und kann so in einer Stressbetrachtung unter Beachtung der rechtlichen Mindestanforderungen zum Verlustausgleich herangezogen werden. Daraus erklärt sich ihre risikomindernde Wirkung für die szenariobasierten Berechnungen der Kapitalanforderungen.

Nach Art. 206 SII DV haben die szenariobasierten Berechnungen die Auswirkung des Szenarios auf die in den versicherungstechnischen Rückstellungen enthaltene künftige Überschussbeteiligung zu berücksichtigen. Dazu gehören neben dem Marktrisikomodul auch das Gegenparteiausfallrisikomodul, die versicherungstechnischen Risikomodule, die auf (vergleichbarer versicherungstechnischer) Basis der Lebensversicherung betrieben werden sowie das Krankenversicherungskatastrophenrisiko.

Dabei soll geprüft werden, ob und in welcher Höhe das Versicherungsunternehmen im Falle eines Schocks seine Managementregeln zur Allokation der zukünftigen Überschussbeteiligung gegenüber dem Normalszenario anpassen würde und sich dadurch eine Verlustausgleichsfähigkeit der versicherungstechnischen Rückstellungen ("loss absorbing capacity of technical provisions") ergeben würde.

Unter Umständen ist es einem Versicherungsunternehmen nämlich möglich, Teile der in früheren Jahren für die Überschussbeteiligung zurückgelegten Erträge aus der nicht gebundenen RfB zurückzuholen und zur Verlustdeckung zu verwenden. Dadurch lassen sich im Schockszenario die aus den Risiken resultierenden Kapitalanforderungen reduzieren.

Module, in denen die risikomindernde Wirkung der ZÜB berücksichtigt werden muss

Abbildung 1: Module, in denen die risikomindernde Wirkung der ZÜB berücksichtigt werden muss

Berechnung des risikomindernden Effekts

Das konkrete Potential für die Risikoreduktion kann durch die Berechnung des Solvenzkapitalbedarfs unter zwei verschiedenen Annahmen ermittelt werden:

  1. Das Stressszenario tritt ein, die Annahmen zur zukünftigen Überschussbeteiligung bleiben die des Best Estimate Szenarios. Das Ergebnis ist das „gross capital requirement“ des entsprechenden Risikomoduls.
  2. Das Stressszenario tritt ein, die Annahmen zur zukünftigen Überschussbeteiligung werden über entsprechende Managementregeln an die veränderte Situation angepasst. Es ergibt sich das „net capital requirement“.

Szenariobasierter Berechnungsansatz am Beispiel des Sterblichkeitsrisikos

Abbildung 2: Szenariobasierter Berechnungsansatz am Beispiel des Sterblichkeitsrisikos

Beide Berechnungspfade werden unabhängig voneinander anhand der vorgegebenen Logik des Standardmodells bis zum Gesamt-BSCR und Gesamt-nBSCR aggregiert und die Differenz aus den beiden Gesamtkapitalanforderungen berechnet. Die Anpassung für die Verlustausgleichsfähigkeit der versicherungstechnischen Rückstellungen errechnet sich nach Art. 206 SII DV anschließend als

AdjTP = - max( min(BSCRnBSCR; FDB); 0)

wobei

  • BSCR – Basissolvenzkapitalanforderung
  • nBSCR – Netto-Basissolvenzkapitalanforderung
  • FDB – Gesamtwert der zukünftigen Überschussbeteiligungen

Hintergrundinformationen

Der vorliegende Beitrag basiert auf der folgenden Quelle:

  1. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).
  2. Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (SII RL).
  3. Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (SII DV).

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